Wien (OTS) – „71.000 Volksschulkinder und 81.000 Kinder in der
Unterstufe leben in
einkommensarmen Haushalten¹“, warnt der Sozialexperte der Diakonie
Österreich, Martin Schenk, vor schlechten Startbedingungen für viele
Kinder am Schulanfang. „Schultasche, Sportbeutel, Hefte, Stifte,
Malfarben und Handarbeitskoffer… – schon ein einfaches Startpaket
für die Schule kann 100 bis 300 Euro kosten. Hinzu kommen noch
zusätzliche Kosten. Je nach Schultyp und Schulstufe müssen zum
Beispiel Kopierkosten, Milchgeld oder auch Projekt- und Wandertage
sowie Elternvereinsbeiträge finanziert werden. All das macht laut
letzter Schulkostenstudie² insgesamt 2.220 Euro Gesamtausgaben im
Jahr aus. 61% aller Eltern hatten Beiträge und Selbstbehalte zu
entrichten, pro Schulkind kostete dies 177 Euro. Etwa drei Viertel
der Eltern (72%) mussten außerdem fachspezifisches Schulmaterial
besorgen, welche 218 Euro pro Kind ausmachten. Ein Drittel der Eltern
(37%) organisierte kostenpflichtige Nachmittagsbetreuung, die mit
jährlichen Kosten von 1.790 Euro pro Kind verbunden waren. Vier von
zehn Haushalten (41%) hatten zusätzliche Ausgaben für die Verpflegung
ihrer Kinder zu tätigen, welche 447 Euro pro Kind ausmachten. 8% der
Eltern mussten 653 Euro für kostenpflichtige Nachmittagskurse ihres
Kindes ausgeben. 5% der Eltern hatten zudem Ausgaben wegen eines
Sonderförderbedarfs ihres Kindes – pro Kind kostete das 1.119 Euro.
„Wir alle wünschen uns einen guten Start, ein gutes Jahr für
jedes Kind – egal ob arm oder reich.“
Mehr als die Hälfte aller Haushalte (55%) im untersten
Einkommensdrittel gab an, bei den Schulkosten ihrer Kinder Abstriche
zu machen, 11% konnten sich nicht alle notwendigen Anschaffungen
leisten.
Zwtl.: Nachhilfe benachteiligt einkommensschwache Familien
„Wenn an der Schule ein guter Förderunterricht organisiert ist,
dann kann der Druck auf privat finanzierte Nachhilfe deutlich gesenkt
werden. Wenn es eine gute verschränkte Ganztagsschule gibt, dann
reduziert sich die bezahlte Nachhilfequote weiters – zu Gunsten der
Chancen armutsbetroffener Kinder“, analysiert Martin Schenk.
25 Prozent aller Schüler:innen konnten keine bezahlte Nachhilfe
erhalten, hätten sich eine solche gewünscht. Für Nachhilfe gaben
Eltern im Mittel 630 Euro pro Schulkind aus, 2023 stiegen die
Ausgaben auf 720 Euro an, 2024 sogar auf rund 750 Euro pro Schulkind.
Mehrheitlich ist es für diese Familien eine Kostenfrage (62 Prozent)
und die Nachhilfe schlichtweg zu teuer. Die Nachhilfekosten belasten
das Haushaltseinkommen deutlich. Bereits 60 Prozent der befragten
Eltern geben an, durch die Ausgaben für Nachhilfe sehr oder spürbar
finanziell belastet zu sein. Fast jede zweite Familie muss aufgrund
der Zusatzausgaben für die Schule sogar auf andere Ausgaben
verzichten (45 Prozent der Eltern).
„Die Teuerung hat hier kein neues Problem aufgezeigt, sondern ein
altes verschärft“, sagt Sozialexperte Schenk. Schon in den
vergangenen Jahren hatten Eltern den Wunsch, bezahlte Nachhilfe für
ihre Kinder zu bekommen, eine solche aber nicht erhalten. „Auch
berichten vier von zehn Eltern, dass sie fachlich nicht mehr helfen
können oder von der Materie überfordert sind“.³
Die hohen Nachhilfekosten und auch der große Aufwand außerschulischer
Lernbetreuung zeigen, dass in der Schule zu wenig gelernt wird – also
geübt, verfestigt, trainiert, vertieft. Das gehört eigentlich zu den
pädagogischen Kernkompetenzen der Schule.
Zwtl.: Gemeinsam Einkaufen, Schulausgleichsfonds umsetzen,
„Chancenbonus“ einsetzen
Schulen könnten gemeinsam Schulmaterialien für ihre Schüler:innen
einkaufen und damit günstigere Preise für die Schulsachen aushandeln.
Diese Möglichkeit sollte vom Ministerium und den Bildungsdirektionen
genützt werden, um die Kosten zu senken.
Im Rahmen der Corona-Hilfen wurde ein Geldtopf in der Höhe von 6,8
Millionen Euro für die Unterstützung von Schulveranstaltungen
geschaffen. Daraus könnte die Regierung einen Schulausgleichsfonds
gestalten, der zukünftig bei einkommensschwachen Schüler:innen die
hohen Kosten bei Schulreisen und Schulveranstaltungen mitträgt.
Der im Regierungsprogramm angekündigte „Chancenbonus“ böte ebenfalls
eine Möglichkeit, an benachteiligten Schulstandorten bei
Lernförderung und Schulinfrastruktur zu investieren.
Zwtl.: Sozialstaatliche Unterstützung
Im September kommt wie jedes Jahr 121 Euro Schulstartgeld auf die
Konten der Familien schulpflichtiger Kinder. Sie ist das Überbleibsel
der vor über 10 Jahren gestrichenen 13. Familienbeihilfe. Für Kinder
in einkommensschwachen Haushalten sind fürs gesamte Schuljahr zweimal
150 Euro vorgesehen. In manchen Bundesländern gibt es die Möglichkeit
einer eigenen Schulstarthilfe.
¹ Statistik Austria (2025): EU SILC 2024
² Glaser, Harald; Schönherr, Daniel (2024): Schulkostenstudie
2023/24
³ IFES (2022, 2023 und 2024): Nachhilfebarometer