Graz (OTS) – Apfelernte: Qualität auf Spitzenniveau. In den
steirischen Obstgärten
herrscht Hochbetrieb. Bereits am 20. August hat die Haupternte mit
den Sorten Gala und Sweetango begonnen. Heuer wird eine Erntemenge
von 142.000 Tonnen erwartet, nachdem sie im Vorjahr durch Spätfröste
auf nahezu die Hälfte gesunken war. Die Apfelqualität erreicht heuer
ein Spitzenniveau: Die vielen Sonnenstunden haben Aroma,
Farbintensität und Haltbarkeit auf ein Top-Niveau gebracht. Die
Trockenheit reduzierte teilweise das Fruchtwachstum – die positive
Seite dazu: Aroma und Inhaltsstoffe sind noch ausgeprägter.
Harte Zeiten im steirischen Apfelanbau. Trotz guter
Ernteaussichten und hervorragender Qualität stehen die heimischen
Apfelbäuerinnen und Apfelbauern unter massivem wirtschaftlichem
Druck. In den vergangenen zehn Jahren konnten – bedingt durch den
menschengemachten Klimawandel mit Wetterextremen, wie Spätfrösten und
Dürreperioden – lediglich drei Normalernten eingebracht werden. Hinzu
kommen stark gestiegene Betriebskosten, höhere Lohnkosten, neue
eingewanderte Schädlinge sowie ein eingeschränktes
Pflanzenschutzmittelangebot. Die Folgen sind gravierend: Innerhalb
einer Dekade ist die steirische Apfelanbaufläche um 1.500 Hektar
geschrumpft, jeder fünfte Betrieb musste die Produktion einstellen.
„Das ist ein massiver Einschnitt – eine Ausnahmesituation, mit der
die Apfelbäuerinnen und Apfelbauern derzeit konfrontiert sind“ ,
betont Landwirtschaftskammer Steiermark-Vizepräsidentin Maria Pein .
„Viele Betriebe mussten in den vergangenen Jahren von der Substanz
leben, Investitionen verschieben oder den Betrieb aufgeben.“
Bündel an Maßnahmen notwendig – damit es wieder bergauf gehen
kann. Seit den ersten schweren Spätfrösten in den Jahren 2016 und
2017 setzen die Apfelbauern auf Klimawandelanpassung und stellen ihre
Betriebe breiter auf. Als entscheidende Weichenstellung zur
Absicherung des steirischen Apfelanbaus hebt Pein Maßnahmen-Bündel
mit vier zentralen Punkten hervor:
1.
Zur Absicherung der Ernte: Fortführung der
Investitionsunterstützungen für Forstschutz-Beregnung, Speicherbecken
und Kühlung – nach wie vor bedrohen Spätfröste, extreme Hitze und
langanhaltende Dürren die Ernte
2.
Besseres Pflanzenschutzmittelangebot in Österreich: Begünstigt
durch den Klimawandel breiten sich immer mehr eingeschleppte invasive
Schädlinge wie die Kirschessigfliege, Wanzen oder Zikaden aus.
Aufgrund des eingeschränkten Pflanzenschutzmittelangebots in
Österreich – im Vergleich zu anderen EU-Ländern – richten diese
zunehmend erhebliche Schäden bei der Ernte an.
3.
Dringend: Runter mit den Lohnnebenkosten. Österreich liegt bei
den Lohnnebenkosten für Saisonarbeitskräfte europaweit an der Spitze.
In Deutschland fällt bei gleichem Bruttolohn mehr Netto an. Dieses
deutsche Modell brauchen auch die steirischen Obstbauern.
4.
Leistbare Frostversicherung für die Apfelbauern. Das bisherige
Modell der öffentlichen Unterstützung durch Bund und Land muss
erhalten bleiben.
Unterstützungsmaßnahmen weiterhin notwendig. „Der steirische
Obstbau steht mitten in einem Anpassungsprozess. Wir brauchen
weiterhin Unterstützung bei den Investitionen in den Frostschutz, für
Bewässerung und Kulturschutz sowie Entlastungen bei Arbeitskosten und
eine leistbare Frostversicherung“ , bekräftigt auch Manfred Kohlfürst
, Obmann des steirischen und österreichischen Obstbauverbandes. Und
er fordert Realismus beim Thema Pflanzenschutz ein: „Das
fortschreitende Verschwinden unverzichtbarer Wirkstoffe zum Schutz
unserer Ernten ist längst zu einem ernsten Problem geworden – manche
Pflanzenschutzmittel gibt es heute nicht mehr aus Österreich, aber im
angrenzenden Ausland. Einerseits müssen neue EU-Zulassungen schneller
erfolgen, andererseits sollte selbstverständlich sein, dass
Pflanzenschutzmittel, die in anderen EU-Ländern erlaubt sind, auch
hier einsetzbar sind.“
Betriebe stellen sich breiter auf und gehen innovative Wege. Die
angespannte Lage im steirischen Apfelanbau motiviert viele
Produzenten zu neuen Wegen. „Viele unserer Betriebe setzen auf
mehrere Standbeine – von Säften, Mosten und Bränden bis zum
Direktverkauf – und investieren gleichzeitig in Frostberegnung,
Bewässerung und neue Sorten wie Kanzi, Evelina oder Sweetango“ ,
erklärt Obmann Manfred Kohlfürst . So sichern sie die Vielfalt,
Qualität und Zukunftsfähigkeit ihres Betriebs.
Ursula und Thomas Reiter, Obstbaufamilie in Gleisdorf. Um ihren
Obstbaubetrieb weiterzuführen und ihn für die nächste Generation
zukunftsfit zu machen, haben Ursula und Thomas Reiter einen klaren
Weg eingeschlagen: „Wir setzen auf Vielfalt – Birnen, Äpfel,
Pfirsiche und Holunder – und haben mit der Direktvermarktung ein
zweites Standbein aufgebaut. Gleichzeitig haben wir in Kulturschutz,
insbesondere in Frostberegnung mit Wasserspeicherbecken investiert.
Damit können wir unsere Früchte auch Trocken- und Hitzestress zu
schützen.“
Zahlen und Fakten: 900 Apfelproduzenten kultivieren auf 4.750
Hektar steirische Äpfel und sichern damit in der Landwirtschaft sowie
im vor- und nachgelagerten Umfeld mehr als 3.000 Arbeitsplätze in der
Grünen Mark. Der Transportweg eines steirischen Apfels bis ins
Geschäft beträgt 150 Kilometer, während weitgereiste Äpfel aus
Neuseeland 19.000 Kilometer bis nach Österreich zurücklegen. Die
Steiermark ist der Obstgarten Österreichs: 75 Prozent der
österreichischen Apfelanbaufläche liegen in der Steiermark.
