Ein heißer August enthüllt die Schwächen im Stromnetz
Der vergangene August hat Österreichs Stromnetz auf eine harte Probe gestellt. Wie die Austrian Power Grid AG (APG) in ihrer jüngsten Pressemitteilung berichtet, hat die außergewöhnliche Wetterlage zu einem beispiellosen Anstieg der erneuerbaren Energieproduktion geführt. Die Windenergie legte um unglaubliche 38,7 Prozent zu, während die Wasserkraft um 16,6 Prozent gesteigert wurde. Insgesamt stieg die erneuerbare Erzeugung um 15,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch trotz dieser beeindruckenden Zahlen ist das Land mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.
Österreich als Strom-Exportland: Ein zweischneidiges Schwert
Zum dritten Mal in Folge konnte Österreich mehr Strom exportieren als importieren. Im August 2025 verzeichnete das Land einen Nettoexport von 426 GWh. Dies ist ein signifikanter Anstieg im Vergleich zum August 2024, als Österreich noch ein Nettoimport von 30 GWh hatte. Doch die Freude über den Exporterfolg wird durch die strukturellen Schwächen im Stromnetz getrübt. Aufgrund der unzureichenden überregionalen Stromnetze konnte das Potenzial der erneuerbaren Energien nicht vollständig genutzt werden. Der Vorstandssprecher der APG, Gerhard Christiner, warnt eindringlich: „Wenn es nicht gelingt, den Ausbau unserer Infrastruktur zu beschleunigen, beißt sich die Katze in den Schweif.“
Was bedeutet Redispatching?
Ein Begriff, der in der Diskussion um die Stromnetzproblematik immer wieder fällt, ist Redispatching. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die ergriffen wird, um Überlastungen im Stromnetz zu verhindern. Dies geschieht durch die gezielte Leistungsanpassung von Kraftwerken. Im August 2025 mussten aufgrund solcher Maßnahmen 10.910 MWh Strom „verloren“ gehen. Das ist eine erhebliche Menge, die über dem Durchschnitt der ersten sieben Monate dieses Jahres liegt.
Die wirtschaftlichen Folgen: Ein teures Unterfangen
Die Kosten für diese Eingriffe sind enorm. Bis Ende August 2025 entstanden durch Redispatch-Maßnahmen Kosten in Höhe von 66,8 Millionen Euro, was eine Steigerung von 5,2 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet. Diese Kosten sind nicht nur eine Belastung für die Energieversorger, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft. Experten warnen vor den langfristigen Folgen dieser finanziellen Belastung.
Ein Blick in die anderen Bundesländer
- Niederösterreich: Mit 361 GWh eingespeister Energie war Niederösterreich einer der größten Stromlieferanten im August.
- Tirol: Auch Tirol trug mit 297 GWh erheblich zur Stromversorgung bei.
- Wien und Kärnten: Diese Bundesländer waren auf den Import von Strom angewiesen, wobei Wien mit 480 GWh den größten Bedarf hatte.
Diese regionale Verteilung zeigt deutlich, wie wichtig ein stabiles und kapazitätsstarkes Übertragungsnetz ist, um die Stromversorgung in ganz Österreich sicherzustellen.
Die Zukunft der Stromversorgung: Ein dringender Handlungsbedarf
Die Austrian Power Grid AG hat bereits Pläne für umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur angekündigt. Bis 2034 sollen rund 9 Milliarden Euro in den Ausbau und Umbau des Netzes fließen. Diese Investitionen sind unerlässlich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren. Doch der Weg dahin ist steinig, und es bedarf einer schnellen politischen Entscheidung, um die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Die Beschlussfassung des EABG (Energieausbaugesetz) und des ElWG (Elektrizitätswirtschaftsgesetz) ist von entscheidender Bedeutung.
Expertenmeinungen: Ein Weckruf für die Politik
Dr. Helmut Bauer, ein führender Energieexperte, betont: „Die aktuellen Probleme sind ein Weckruf für die Politik. Ohne rasche Maßnahmen wird Österreich in Zukunft noch größere Schwierigkeiten haben, die Stromversorgung sicherzustellen.“
Auch die Bevölkerung ist betroffen. Die steigenden Kosten für Redispatch-Maßnahmen könnten langfristig zu höheren Strompreisen führen. Zudem ist die Versorgungssicherheit ein zentrales Anliegen, das nicht nur die Industrie, sondern auch private Haushalte betrifft.
Historische Perspektive: Ein Blick zurück
Die Herausforderungen im Stromnetz sind nicht neu. Bereits in den 1970er Jahren gab es erste Warnungen vor einer Überlastung der Netze. Doch damals war der Fokus noch stark auf fossile Energieträger gerichtet. Mit dem Aufkommen der erneuerbaren Energien hat sich die Situation grundlegend geändert. Die Integration dieser Energien in das bestehende Netz stellt eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte dar.
Ein Vergleich mit Deutschland
Auch in anderen Ländern wie Deutschland sind ähnliche Probleme zu beobachten. Dort hat der Ausbau der erneuerbaren Energien ebenfalls zu Engpässen im Stromnetz geführt. Doch im Gegensatz zu Österreich hat Deutschland bereits umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Infrastruktur zu stärken. Dies zeigt, dass es möglich ist, die Herausforderungen zu meistern, wenn die richtigen Schritte unternommen werden.
Fazit: Ein dringender Appell an alle Beteiligten
Die Situation im August 2025 hat deutlich gemacht, dass Handlungsbedarf besteht. Die Austrian Power Grid AG hat die Weichen gestellt, doch ohne die Unterstützung der Politik und der Bevölkerung wird es schwer, die gesteckten Ziele zu erreichen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um die Weichen für eine sichere und nachhaltige Energiezukunft zu stellen. Es bleibt zu hoffen, dass alle Beteiligten die Dringlichkeit der Situation erkennen und entsprechend handeln.